Aktive und passive Fiebertherapie
Einführung zur Überwärmungsbehandlung – Fiebertherapie bei Krebserkrankungen und Immunschwächen
Begriffsbestimmung
Die Überwärmungsbehandlung besteht darin, die Körpertemperatur zu erhöhen.
Dies kann durch äußere Wärmezufuhr geschehen oder dadurch, dass der Körper selber durch Muskelarbeit (Zittern) die Körpertemperatur erhöht. Die äußere Wärmezufuhr wird auch „passive Hyperthermie“ genannt, die Erhöhung der Körpertemperatur durch Muskelarbeit „aktive Hyperthermie“ (= „Fiebertherapie“). Das Fieber wird durch Verabreichung abgetöteter Bakterien erreicht. Bei der passiven Hyperthermie wird die Wärme durch Infrarotlampen in einem eigens dafür konstruierten „Fieberbett“ hervorgerufen.
Beide Formen der Überwärmung haben eine sehr lange Tradition.
Sie reicht bis an den Anfang der Medizingeschichte, mehr noch:
Sie sind von der Natur selber erfunden. Fieber gibt es, seit es Warmblütler gibt und die passive Hyperthermie ist noch älter:
Wenn Fische infiziert werden, suchen sie seichtere Gewässer auf, um ihre Körpertemperatur um einige Grade zu erhöhen. Sie nehmen sozusagen ein „Überwärmungsbad“. – experimentell belegbar – ihre Überlebenschancen. Von diesen beiden Formen der Ganzkörperhyperthermie ist die regionäle Hypertermie zu unterscheiden, wo nur ein Teil des Körpers passiv überwärmt wird. Dies kann durch eine wassergefüllte Infrarotlampe geschehen (Oberflächenhyperthermie) oder durch ein elektrisches Wechselfeld (Kapazitive Radiofrequenz-Elektrohyperthermie). Dadurch können z. B. auch tief gelegene Tumoren um 4-8°C über die Umgebungstemperatur erwärmt werden. Wenn die Fiebertherapie mit der regionalen Hyperthermie kombiniert wird, lassen sich leichter Tumorzerstörende Temperaturen erreichen. Trotz der jahrmillionenlangen Tradition ist auch die Überwärmungsbehandlung nicht ohne Nebenwirkungen. Da es sich immer noch um eine Außenseitermethode handelt, hat der Gesetzgeber besonders hohe Anforderungen an die Aufklärungspflicht gestellt. Darum sollen nun im Folgenden alle möglichen Nebenwirkungen aufgezählt werden, die mir jemals zu Ohren gekommen sind, auch wenn sie bei über einer Million Behandlungen nur ein einziges Mal aufgetreten sind.
Fiebertherapie
Das Mittel, das in meiner Praxis zur Fiebererzeugung – bzw. Ãœberwärmungsbehandlung verwendet wird besteht aus einem Gemisch von inaktivierten Bakterienarten. Die verabreichte Dosis kann Fieber und Ãœbererwärmung verursachen, muss es aber nicht. Evt. tritt nur ein lokales Fieber an der Einstichstelle auf.
Das Problem der Fiebertherapie bei Tumorkranken liegt nicht in der Überreaktion, sondern in der mangelnden Reaktion auf den Fieberreiz. Die letzten zehn Jahre vor Ausbruch der Krebserkrankung hatten auffällig viele kein anständiges Fieber mehr und glaubten aus diesem Grund ein besonders gutes Abwehrsystem zu haben. In Wahrheit war es gelähmt. Hätte es angemessen auf einen Infekt reagiert, dann hätte es mit einem kurzen, kräftigen Fieberschub den „Angreifer“ in die Flucht geschlagen und nebenher gleich noch ein paar Krebsnester ausgehoben. So aber wurde der Infekt ohne Fieber behoben und die Generalreinigung des Organismus blieb aus. Wer nie Fieber hat, gleicht einem Motor, der immer untertourig fährt: Er verrußt! Fiebern heißt, den Organismus einmal richtig auf Hochturen laufen zu lassen und dabei manchen Unrat buchstäblich zu „verbrennen“!
1. Nebenwirkungen von Seiten des Kreislaufsystems
1.1. Herzrhythmusstörungen (Herzrasen)
Bei jeder Temperaturerhöhung geht der Puls in die Höhe. Dies ist eine natürliche Anpassung des Kreislaufs an die Gefäßerweiterung und den erhöhten Sauerstoffbedarf im Gewebe. Wenn der Puls jedoch allzu hoch steigt (über 160 Schläge pro Minute), dann sinkt die Effektivität des einzelnen Herzschlags. Von diesen natürlichen Anpassungsmechanismen zu unterscheiden ist das krankhafte Herzrasen, bedingt durch eine Reizentstehung an anderer Stelle als der von der Natur her vorgesehenen. Die berüchtigtsten sind „Kammertachykardie“ und „Kammerflimmern“. Komplikationen sind zumindest denkbar und darum nicht mit Sicherheit auszuschließen, genau wie bei jeder anderen Infektion auch. Durch angemessene Überwachung lassen sich in der Regel die Vorzeichen erkennen und rechtzeitig behandeln.
1.2. Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
Diese Komplikation tritt nur bei vorbestehender Herzerkrankung oder bei weit vorgeschrittener Grunderkrankung auf. Ich erinnere mich einer älteren Frau, die an einer ausgedehnte Metastasierung des „Schwarzen Hautkrebses“ (Malignes Melanom) litt. Sie war ausgezehrt und hatte Wasser in den Lungen. Überraschenderweise reagierte sie mit einem eindrucksvollen Fieberanstieg auf 40,6°C bereits bei der geringsten Bakterienmenge. Diesen Fieberschub hat sie anstandslos vertragen. Beim zweiten Fieberschub stieg sie auf 40,7°C und entwickelte erstmals Zeichen einer leichten Herzschwäche, nämlich Kurzatmigkeit. Durch entsprechende Behandlung konnte dieser Zwischenfall ohne Schwierigkeiten gehoben werden. Sie erhielt Digitalis und wassertreibende Medikamente. Die Temperatur musste nicht einmal künstlich gesenkt werden, um in wenigen Minuten stabile Kreislaufverhältnisse wiederherzustellen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass nicht die Temperaturhöhe, sondern die Geschwindigkeit, mit der sie erreicht wird, das Entscheidende ist. 0,1°C in 5 Minuten ist ein durchschnittlicher Fieberanstieg, begeleitet von mäßigem Schüttelfrost, der etwa eine halbe Stunde dauert. 0,1°C in 10 Minuten oder noch längerer Zeit ist ein schwacher Fieberanstieg, der oft nur noch von einem Frösteln begleitet ist. 0,2°C in 5 Minuten ist ein starker Fieberanstieg, der von entsprechendem Schüttelfrost begleitet ist. Die Steilheit der Temperaturkurve widerspiegelt sehr gut die Menge von Botenstoffen (Zytokinen), die das Abwehrsystem zur Fiebererzeugung ausschüttet.
Diese Botenstoffe erzeugen nicht nur „Entzündung“, um Tumorzellen durch „Nekrose“ zu beseitigen, sondern sie führen auch zur Ausschüttung Kreislauf-aktiver Hormone (z. B. Adrenalin).
1.3. Durchblutungsstörung im Bereich der Herzkranzgefäße (Angina pectoris)
Auch diese Nebenwirkung tritt beim kreislaufgesunden Patienten nicht auf. Besteht dagegen eine Angina pectoris bereits vor Fiebertherapie, dann kann bei steilem Fieberanstieg ein Anfall ausgelöst werden. Da Krebserkrankungen in der Regel in höherem Alter auftreten, wo auch die Herzerkrankungen zunehmen, ist eine gleichzeitige Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankung nicht allzu selten. Im Einzelfall ist sorgfältig zu entscheiden, welche Gefahr als größer eingeschätzt wird: die durch die Krebserkrankung oder durch die Herz-Kreislauf-Erkrankung. Diese Entscheidung kann nur der Patient nach sorgfältiger Aufklärung treffen!
Um diesen Nebenwirkungen vorzubeugen, kann vor der Hyperthermie ein Belastungs-EKG durchgeführt werden. Außerdem würde dann während der Überwärmung Sauerstoff zugefügt. Erste Anzeichen einer Minderdurchblutung ist ein Engegefühl über der Brust, seltener ausstrahlende Schmerzen in die linke Schulter und in den linken Arm.
Eine Angina pectoris ist keine absolute Gegenanzeige gegen die Überwärmungsbehandlung. Die Fiebertherapie ist sogar imstande, eine bestehende Mangeldurchblutung zu bessern. Dr. A. Thaller hat einen Fall dokumentiert, wo nach drei Fiebertherapien die Angina pectoris fast völlig zum Verschwinden gebracht worden ist. Bei Kontrolle des Belastung-EKGs konnten keine typischen Veränderungen mehr nachgewiesen werden. Zuerst verschwanden die krankhaften Veränderungen im Bereich der Hinterwand, nach zwei weiteren Sitzungen die der Seitenwand. Da sich aber die Erkrankung beim Fiebergipfel auch vorübergehend verschlechtern kann, ist besondere Vorsicht und Aufmerksamkeit von Seiten des Patienten und des Personals geboten.
1.4. Durchblutungsstörungen im Bereich der Hirngefäße (transitorische ischämische Attacke)
Bei vorgeschädigten Hirngefäßen (Arterienverkalkung) kann es in der Phase des Fieberanstiegs manchmal zu Blutdrucksteigerungen und als Folge davon in seltenen Fällen zu einer Durchblutungsstörung im Bereich der Hirngefäße komme. In 25 Jahren ist Dr. A. Thaller dies einmal begegnet. Durch eine hohe Dosis Ozon, die abschwellend auf das Hirngewebe wirkt, und Durchblutungsfördernde Infusionen konnte dieser Zwischenfall in kurzer Zeit erfolgreich behandelt werden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass es bei Blutdrucksspitzen auch einmal zu einer Einblutung in das Hirngewebe kommt. In diesem Fall sind die neurologischen Störungen dann nicht so einfach zu beseitigen.
1.5. Kreislaufschock:
Darunter versteht man die Mangeldurchblutung des Gewebes durch Blutdrucksfall. Er kann bei Fieber und der Fiebertherapie durch einen Bestandteil in der Zellwand der einen Bakterienart genannt „Endotoxin“, hervorgerufen werden. Außer durch „Endotoxin“ kann ein Kreislaufschock auch durch eine allergische Reaktion ausgelöst werden. Allergische Reaktionen gegenüber dem fiebererzeugenden Mitteln wurden bisher mit noch nie gesehen, so dass die Befürchtung rein theoretische Gründe hat, die bislang durch die Erfahrung nicht bestätigt worden sind.
2. Asthma Anfall
Bei Vorbestehender Asthma-Erkrankung kann beim Fieberanstieg durch die damit verbundene Zytokin-Ausschüttung ein Asthma-Anfall ausgelöst werden.
Asthma gilt darum als relative Kontraindikation (Ausschlussgrund) für die Fiebertherapie. Liegt eine Krebserkrankung und gleichzeitig ein Asthma bronchiale vor, dann muss sorgfältig zwischen Nutzen und Risiko abgewogen werden, auch wenn sich durch entsprechende Behandlung bislang alle Asthma-Anfälle problemlos beseitigen ließen. Durch Gabe eines Antihistaminikums lassen sich Asthma-Anfälle in den meisten Fällen verhindern.
3. Krampf-Anfälle bei Patienten mit Hirntumoren
Fieber erniedrigt die Krampfschwelle. Natürliche Fieberkrämpfe treten meist bereits in der Phase des Fieberanstieges, d. h. zum Zeitpunkt der größten Zytokin-Ausschüttung, und nicht erst am Fiebergipfel auf. Durch vorbeugende Gabe von Benzodiazepinen (z. B. Valium®) wird diese Krampfschwelle wieder erhöht, so dass keine Krampf-Anfälle unter dieser Maßnahme zu beobachten sind.
Wird die Fiebertherapie mit der regionalen Tiefenhyperthermie kombiniert, dann wird das Hirngewebe sehr stark und unphysiologisch erwärmt. Es kommt zu erhöhtem Hirndruck, der u.U. Kopfschmerzen und eine zusätzliche Erniedrigung der Krampfschwelle bewirkt. Mögliche Gegenmaßnahmen sind die Erhöhung der Benzodiazepin-Dosis oder die Gabe von Mannitol oder Glyzerin.
Geringfügige Nebenwirkungen
1.Kopf- und Gliederschmerzen
Dies sind reine Befindensstörungen, die zwar im Augenblick lästig sind, aber immer
folgenlos verschwinden. In der Regel gelingt es, die Kopfschmerzen in wenigen Minuten
durch Nadelung der entsprechenden Akupunktur am Ohr zu beseitigen. Gliederschmerzen reagieren gut auf Aconitum oder Phosphor.
2.Ãœbelkeit und Erbrechen
Auch hier handelt es sich um typische „Grippebeschwerden“. Sie treten meist nur beim Anstieg des Fiebers auf. Zur Behandlung hat sich Nux vomica bewährt, das alle paar Minuten auf die Zunge geträufelt wird. Auch das schulmedizinische Mittel Metoclopramid (Paspertin, MCPR etc.) hat sich bewährt.
3. Tumorschmerzen
Vorbestehende Tumorschmerzen reagieren in der Regel gut auf die Fiebertherapie. Meistens lassen sich Schmerzmittel schon nach der ersten Sitzung deutlich senken oder sogar absetzen. Während der ersten Sitzung kann es hingegen auch einmal zur Zunahme dieser Beschwerden kommen. Dabei handelt es sich um eine Entzündungsreaktion im Tumor, die durch die Fiebertherapie hervorgerufen wird. Das ist eine durchaus erwünschte Wirkung. Da viele schmerzstillende Mittel auch Fieber senken, müssen vor der Fiebertherapie alle antirheumatisch wirkenden Schmerzmittel abgesetzt werden. An ihrer Stelle werden dann Opiate verwendet. Dadurch lassen sich Schmerzzustände sehr schnell beseitigen.
4. Orthostatische Kreislaufregulationsstörung
Darunter versteht man einen Blutdrucksfall, der durch die aufrechte Körperhaltung bedingt ist. Fieber führt, mit Ausnahme der kurzen Phase des Fieberanstieges, zur Erniedrigung des Blutdrucks. Darum gilt während der Behandlung: nie eigenmächtig aufstehen. Wenn dies ein Patient gegen Anraten dennoch tut, handelt er auf eigene Gefahr. Zur Vorbereitung
der Fiebertherapie gehört ein häuslicher Einlauf. Dadurch erübrigt sich in der Regel die Darmentleerung während der Fiebertherapie. Sollte sich dennoch Stuhldrang einstellen, dann rufen Sie bitte das Personal und das „Geschäft“ wird auf der Schüssel gemacht. Zum Wasserlassen bekommen die Herren eine Urinflasche.
Nicht eigenmächtig aufstehen, da sonst ein Kreislaufkollaps auftreten könnte.
Die Mobilisierung sollte unter Ãœberwachung geschehen!
5. Fieberbläschen (Herpes)
Wie bei jedem grippalen Infekt können auch im Zusammenhang mit der Fiebertherapie Fieberbläschen auftreten. Unter 40°C treten nur selten Fieberbläschen auf, über 40°C dagegen wird dies öfter gesehen.
In seltenen Fällen kann sich diese Reaktivierung eines Virusinfekts auch im Bereich des Auges ereignen. Dafür stehen geeignete schulmedizinische und biologische Strategien zur Verfügung.
Weitere Information
Lesen Sie bitte auch die Patienteninformationsschrift „Biotherapie fortgeschrittener Krebserkrankungen mit Fieber, Viren und autologen Abwehrzellen (Dendritische Zellen und natürliche Killerzellen)“. Sie im Internet unter der Adresse http://www.praxis-thaller.de/biotherapie_krebserkrankungen.html zu lesen.
Dies sind alle bekannten Nebenwirkungen.
Vorbereitung zur Fiebertherapie
Bitte führen Sie am Abend vor der Fiebertherapie mit einem Klistier oder Glaubersalz ab oder führen Sie einen Einlauf mit lauwarmem Wasser durch. Sie sollten ab 20 Uhr nichts mehr essen und am Morgen nüchtern erscheinen.
Bitte setzen Sie Schmerzmittel aus dem Rheumabereich (z. B. Voltaren, Diciofenac, Indometazin, Aspirin, Celebrex u. ä.) am Vorabend der Fiebertherapie ab, weil sie fiebersenkende Wirkung haben. Fieber wirkt an sich sehr gut schmerzstillend. Sollten dennoch Schmerzmittel nötig sein, müssen andere Präparate (Opiate) verwendet werden.